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Traditionsunternehmen: Fernsehgeräte-Hersteller Metz stellt Insolvenzantrag

21.11.2014 | PDF
Süddeutsche Zeitung

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Aus der Zauber

Fernseher werden fast alle in Asien hergestellt und nicht mehr in Franken: Nach acht
Jahrzehnten droht der Zirndorfer Firma Metz ihr Untergang. Der Insolvenzverwalter lässt weiter produzieren - doch er braucht bis Ende Januar einen Investor. Begonnen hatte alles mit dem „Postillion"

Nürnberg - Am Vormittag hat ihn noch der Metz-Vertreter in seinem Laden besucht "Er hat nichts von einer bevorstehenden Insolvenz gesagt und sicher auch nichts davon gewusst, erzählt der Elektrohändler Dieter Pangels. Am Abend verbreitete sich dann die Hiobsbotschaft: Metz, einer der letzten deutschen Markenhersteller von Fernsehgeräten, hat beim Amtsgericht in Fürth Insolvenzantrag gestellt Eine Nachricht, die Pangels nicht nur für die 540 Mitarbeiter des Unternehmens schlimm findet, sondern auch mit Blick auf die Verbraucher - und auf sich selbst.

Dieter Pangels betreibt mit einem Partner seit vielen Jahren unweit von Nürnberg ein kleines Fachgeschäft, das sich auf Fernsehgeräte deutscher Marken spezialisiert hat: Loewe, Metz, Technisat. Zum Laden gehört eine Werkstatt. "Wir bekommen dort ständig Geräte der großen asiatischen Marken zur Reparatur", sagt Pangels. Und erzählt, wie schwierig es häufig selbst bei erst wenige Monate allen Geräten sei, Ersatzteile zu bekommen. So schnelllebig ist das Geschäft geworden. "Ein Metz-Gerät bekommen wir hingegen nur ganz selten zur Reparatur", sagt Pangels. "Da stimmt einfach auf Jahre hinaus die technische Qualität der Bild- und Soundsysteme."

Nur geholfen hat die hohe Qualität seiner Fernseher Metz auch nichts.

Seit Jahren Kämpft das Familienunternehmen aus dem mittelfränkischen Zirndorf ums Überleben. Mindestens seit 2010 schreibt der Betrieb Verluste; wie hoch ist ein Geschäftsgeheimnis. Im vergangenen Jahr brach der Umsatz um ein Viertel ein. Am Mittwoch dieser Woche blieb dem Management um Firmenchef Norbert Kotzbauer nichts anderes mehr übrig, als Insolvenz zu beantragen.

Nun hat Joachim Exner im Unternehmen das Sagen, der vorläufige Insolvenzverwalter. Er ist Partner der Nürnberger Kanzlei von Siegfried Beck, der sich in der Branche gut auskennt Er war Insolvenzverwalter bei Grundig und zuletzt Sachwalter bei Loewe - der Kronacher TV-Gerätehersteller konnte erst Anfang des Jahres und in letzter Minute nach einer Insolvenz in Eigenregie gerettet werden und müht sich seither mit dem Neuanfang ab.

Exner informierte am Donnerstag in Zirndorf die Metz-Belegschaft, die von der Insolvenz aus den Medien erfahren hatte. Und er verbreitete die für vorläufige lnsolvenzverwalter übliche Zuversicht "Die Chancen stehen gut, denn Metz verfügt über eine renommierte Marke, eine wettbewerbsfähige Technologie und hoch qualifizierte Mitarbeiter", sagte er. Die Produktion laufe weiter wie bisher, die Lieferfähigkeit sei gesichert, die Mitarbeiter erhalten Insolvenzgeld bis Ende Januar.

Bis dahin muss Exner einen Investor oder Übernehmer finden, sonst droht Metz; nach fast 80 Jahren der Untergang. Gleich nach dem Krieg hatte Firmengründer Paul Metz mit seinem Radiogerät "Postillion“ dem "Heinzelmann" des Max Grundig Konkurrenz gemacht. 1993 starb der Firmengründer Paul Metz und seine Witwe Helene übernahm im Alter von 69 Jahren das Unternehmen. Inzwischen ist sie 90, rüstig und noch immer fast jeden Tag im Betrieb. Die operativen Geschäfte führt seit 2004 Norbert Kotzbauer. Doch für Helene Metz, eine warmherzige alte Dame mit schneeweißem Haar, ist die Insolvenz auch persönlich ein schwerer Schlag.

"Metz hat zu lange am Altbewährten festgehalten und kann gegen die großen Kapitalstarken und flexiblen Konzerne wie Samsung oder LG nicht mithalten", sagt Händler Pangels. Das fängt schon beim Einkauf an, wo der Winzling aus Zirndorf weit schlechtere Konditionen hat als die asiatischen Giganten. Der TV-Gerätemarkt ist obendrein seit Jahren von einem ruinösen Preiskampf geprägt Die Geräte werden immer billiger, der technologische Fortschritt verläuft immer rasanter, der Kunde bekommt mehr Qualität für weniger Geld.

Metz plagt seit Jahren dasselbe Problem das auch Loewe um ein Haar die Existenz kostete: Die entgegen dem Branchentrend nicht in Asien sondern in Deutschland montierten Geräte sind jenen der Konkurrenz häufig technologisch überlegen, aber auch mehrfach so teuer. Händler tun sich immer schwerer, die Kundschaft vom entsprechenden Mehrwert zu überzeugen. Made in Germany allein reicht als Verkaufsargument nicht mehr.

Metz versuchte zuletzt, das Ruder mit einem Kraftakt herumzureißen. Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) Anfang September in Berlin wurde eine neue, deutlich günstigere Produktpalette präsentiert. "Die Geräte kamen auch gut an·, sagt ein Branchenexperte. Zudem verabschiedete sich Metz vom Exklusivvertrieb über den Fachhandel und versuchte, auch mit Elektronikketten ins Geschäft zu Kommen. Metz muss unter allen Umständen wachsen um zu überleben, lautete die Devise. Doch das nach der lFA erhoffte Herbstmärchen blieb aus. Das neue Konzept ging nicht auf, zumindest nicht schnell genug.

Arbeitnehmervertreter machen dafür das Management verantwortlich. "Die einzige Strategie war das Prinzip Hoffnung“, sagt Klaus-Dieter Winnerlein, der 2. Bevollmächtigte der Fürther IG Metall. " Alle Vorschläge von uns, sich einen starken Partner zu suchen und in intelligente Nischenlösungen einzusteigen wurden ignoriert." Mit Richtung auf das Management um Kotzbauer fordert er, "die Leute, die das verbockt haben, sollten sich überlegen, ob sie nicht das Ruder abgeben“.

Ein um das andere Mal verzichteten die Mitarbeiter außertarifliche Lohnsteigerungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, arbeiteten kurz und nahmen auch andere Einschnitte in Kauf. Den Beitrag der Mitarbeiter zur Sanierung beziffert Winnerlein auf zehn Millionen Euro.

Die Zahl der Arbeitsplätze sank dennoch stetig. Das Unternehmen, das der Privatstiftung von Helene Metz gehört, lebt seit Jahren von der Substanz. Zumal auch die ehedem wichtigen Sparten Blitzgeräte und Kunststoffformenbau (etwa für die Autoindustrie) nicht mehr gut laufen.

Nun steht alles in Frage. Vor allem die bisherige Strategie, auf die besonders zahlungskräftige  "Generation 50 plus“ als Kundschaft zu setzen. Auf Käufer, die weniger auf neueste technische Innovationen aus sind, sondern vielmehr einen Fernseher wollen, der einfach zu bedienen ist, lange hält und gute Qualität bietet. Metz-Geräte gelten als zuverlässig, aber wenig sexy.

Die Marke steht für Bodenständigkeit, die allerdings ins Provinzielle driftet. "Allmächd, an Metz mechad ich ah", hieß ein Kultiger Werbeslogan. So etwas hat vor 40 Jahren prächtig funktioniert. Aber heute?

Die Firmenzentrale am Rande der Kleinstadt Zirndorf versprüht noch immer den Charme der guten alten Zeit. Besucher kommen eher nicht auf die Idee, zu Gast bei einem Unternehmen einer hochinnovativen Technologiebranche zu sein. Der vorläufige Insolvenzverwalter Exner wird nach Einschätzung von Experten bei Metz nicht nur am Image und Erscheinungsbild ansetzen müssen.. Das Unternehmen braucht Kapital, um zu investieren. Die Produktionskosten müssen gesenkt werden; es drohen weitere Stellenstreichungen.

Einzelhändler Dieter Pangels hofft, dass die Rettung des Herstellers aus Franken gelingt. "Ich bin da optimistisch, auch weil wir Fachhändler hinter Metz stehen“, sagt er. Und irgendwann müsse er doch einmal aufhören, hofft er, jener "kaputte und verruchte Wettbewerb mit Fernsehgeräten, den Kaum noch einer mitgehen kann·“.

Insolvenzverwalter Exner
Kennt sich aus: erst Grundig,
dann Loewe und nun Metz

"Die einzige Strategie
war das Prinzip Hoffnung·,
Kritisiert die IG Metall"

VON UWE RITZER