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Vom Juwel zum Wackerstein - Ein Bauprojekt zwingt den TV 1860 Jahn-Schweinau vor das Insolvenzgericht

10.07.2006
Nürnberger Nachrichten

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VON HARALD EHM

Als »Juwel« hat man beim TV 1860 Jahn-Schweinau die renovierte Sporthalle am Hummelsteiner Weg vor einem knappen Jahr noch gepriesen. Inzwischen hat sich das herausgeputzte Bauwerk allerdings vom Schmuckstück zum Wackerstein entwickelt, der dem Fusionsverein schwer im Magen liegt. Wirtschaftlich gesehen, ist der rund 1500 Mitglieder starke Sportverein durch die Generalsanierung der Immobilie in so heftige Turbulenzen geraten, dass dem Vorstand nur noch der Gang zum Insolvenzgericht übrig blieb - ein bisher in der Stadt einmaliger Vorgang.

Joachim Exner wählt seine Worte mit Bedacht. Der Rechtsanwalt ist seit 21. Juni zum Insolvenzverwalter des TV 1860 Jahn-Schweinau bestellt worden, »zum vorläufigen Insolvenzverwalter«, wie er nachdrücklich betont, denn noch ist es nicht so weit, dass am Schweinauer Buck die Lichter ausgehen. Dazu haben erste Gespräche Exners beigetragen, mit der N-Ergie beispielsweise. Die Versorgung mit Strom, Wasser und Gas bleibt gesichert, so dass der Sportbetrieb möglichst ungestört weitergehen kann.

Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation sehr ernst ist. Der Verein sei nicht mehr in der Lage, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, beschreibt Exner den Sachstand. Das Ziel laute, mit den Gläubigern »konstruktive Lösungen zu finden«, um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu verhindern.

Termine bei der Sparkasse Nürnberg stehen an. Dringenden Gesprächsbedarf gibt es auch mit der Stadt und dem Bayerischen Landessport-Verband (BLSV) sowie Handwerksbetrieben, die beim Bauprojekt Jahn-Halle involviert waren, und noch auf ihr Geld warten. Doch momentan ist Exner erst einmal damit beschäftigt, »Rahmendaten zu ermitteln«. Die Delegierten aus den Abteilungen wurden vor zwölf Tagen auf einer Versammlung über die Situation informiert, »in drei bis vier Wochen«, so der Anwalt, »werden wir sehen, wohin die Reise geht«.

Teure Zwischenfinanzierung

Derweil gleicht der TV Jahn-Schweinau einem Schiff mit Schlagseite. Als Hans Jürgen Schellberg Anfang Dezember 2005 auf die Kommandobrücke trat und das Amt des 1. Vorsitzenden übernahm, war der Schlingerkurs ebenfalls schon erheblich. Über 300 000 Euro an Verbindlichkeiten drückten damals den Verein. Das im Jahr 2003 begonnene Projekt Jahnhalle hatte daran einen nicht unwesentlichen Anteil: Auf 1,51 Millionen Euro war die Sanierung ursprünglich veranschlagt - 50 Prozent dieser Summe waren aus Mitteln des EU-Ziel-2-Förderprogramms abgedeckt. Die Crux daran: ausufernde Bürokratie. Bis erste Zuschüsse flossen, vergingen sechs Monate, so dass sich der Verein gezwungen sah, Gelder für Handwerkerrechnungen zwischenzufinanzieren. Das erhöhte die Kosten.

Er könne niemandem raten, den gleichen Weg zu gehen, sagte Hermann Tischner im Februar 2006 gegenüber unserer Redaktion, als aus 1,51 schon 1,7 Millionen Euro geworden waren. Der ehemalige erste Vorsitzende und seine Kollegen waren da schon nicht mehr im Amt. Nach vereinsinternen Querelen und persönlichen Anfeindungen war der Vorstand im Dezember 2005 zurückgetreten. Inzwischen fand sich im Verein ein um knapp 140 000 Euro überzogenes Baukonto, und auch das so genannte Beitragskonto war mit knapp 70 000 Euro im Minus, so dass der Schuldenberg unterm Fernsehturm auf mittlerweile 550 000 Euro angestiegen ist. Zwar erwartet Jahn-Schweinau aus verschiedenen Quellen noch Zuschüsse, beziehungsweise ein Darlehen über insgesamt rund 130 000 Euro, doch weil auch da nichts sprudeln wollte, wurde die Lage immer prekärer. Zu prekär für die Sparkasse Nürnberg, die keine weitere Kreditzusage mehr geben wollte, um die immer größeren Lücken zu stopfen und den Gang zum Insolvenzgericht notwendig machte.

Eine Entwicklung, die auch Hans Jürgen Schellberg auf den Magen geschlagen ist. Zur momentanen Lage des Vereins gibt es von ihm jedenfalls »kein Statement«. Der gelernte Kaufmann möchte »gar nix sagen, weil ich nichts in den Raum stellen will, was so dann nicht stimmt«.

Über Gefühle zu sprechen, ist glücklicherweise rechtlich unbedenklich, und so macht Werner Vogelhuber aus seinem Herzen keine Mördergrube. »Für mich ist das eine grausame Entwicklung«, sagt der langjährige ehemalige Vorsitzende des TV 1860 Schweinau - vor über dreieinhalb Jahren gemeinsam mit Reiner Wittrin, seinem damaligen Kollegen vom TV Jahn, Hauptinitiator der am 1. Januar 2003 vollzogenen Fusion beider Vereine. Seit Dezember 2005 ist Vogelhuber wieder in Amt und Würden, nun jedoch als Schatzmeister. Trotz aller Turbulenzen bleibt der 69-Jährige optimistisch, hofft auf positive Zeichen wie Aussetzung der Zins- und Tilgungs-Zahlungen von Seiten der Gläubiger.

Am Schweinauer Buck sei die Stimmung ruhig, sagt Vogelhuber, das bestätigt auch Sven Thomas, Leiter der Fußball-Abteilung, der mit 300 Köpfen größten Sparte des Vereins. Erste Infos hätten zwar kurzzeitig für Unruhe gesorgt, speziell bei der ersten Mannschaft, bei deren Spielern sich sofort die Konkurrenz zwecks Abwerbeversuche gemeldet hätte. Doch Mitte August startet nicht nur das Kreisliga-Team in die neue Saison, sondern auch der gesamte Nachwuchsbetrieb.

Weniger den rollenden Ball als vielmehr die Gesamtsituation von Jahn-Schweinau hat auch die Stadt im Blick. Vereine in großen wirtschaftlichen Nöten, wie vor noch nicht allzu langer Zeit etwa die SG 83 Nürnberg-Fürth, hat es immer wieder einmal gegeben, ein insolventer Sportverein wäre allerdings ein Novum, auf das man gerne verzichten würde.

Freilich hält auch die Kommune ihre Zuschuss-Zahlungen für das laufende Jahr in Höhe von rund 42 000 Euro an den TV noch zurück. Man wolle sich die Situation vom Insolvenzverwalter erst erläutern lassen, sagt Jürgen Thielemann vom SportService zur Begründung. Jedoch werde man alle Möglichkeiten ausloten. Das Interesse, Jahn-Schweinau zu helfen, sei bis in die Stadtspitze hinauf sehr groß. Freilich möchte die Kommune keinen Präzedenzfall schaffen. »Die Messlatte wird sehr hoch liegen«, sagt Thielemann - will heißen, eine Lösung wird nicht auf dem Silbertablett serviert. Auch beim TV Jahn-Schweinau müssen alle kräftig mit anpacken, um das Schiff wieder flottzumachen.