22.01.2012 | PDF
FLZ Fränkische Landeszeitung
Wilhelmsdorf (fla) – der Wilhelmsdorfer Automobilzulieferer Jacob Plastics GmbH hat am Montag beim Insolvenzgericht Fürth Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestellt.
Das Insolvenzgericht Fürth hat Rechtsanwalt Joachim Exner, Kanzlei Dr. Beck & Partner GbR, am 16. Januar zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Diese Nachricht kam für die Öffentlichkeit überraschend: Noch im Oktober vergangenen Jahres hatten Verkaufsdirektor Jens Klug und Entwicklungsdirektor Dr. Marcus Schuck die Zukunftsaussichten gegen der FLZ als sehr rosig dargestellt. Bei einem Betriebsbesuch des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Schmidt, des Landtagsabgeordneten Hans Herold und des Wilhelmsdorfer Bürgermeister Werner Friedrich hatten sie von der Entwicklung neuer Verbundkunststoffe im Rahmen von Forschungsprogrammen berichtet, die der Bund fördert und in denen das Unternehmen mit großen Automobilherstellern und Universitäten zusammenarbeitet. Außerdem wollte man das Produktionstempo weiter steigern, um den Weg in die Großserienherstellung für den Automobilbau zu ebnen.
Die Jacob-Unternehmensgruppe produziert hochwertige und technisch komplexe dekorative Kunststoffteile für den Fahrzeuginnenraum, Strukturteile in Leichtbauweise, Ladungsträger und Spritzgussteile, vorwiegend für die Automobilindustrie. Sie ist mit neun Unternehmen europaweit an den Standorten in Wilhelmensodrf, Obermichelbach sowie in Nizna (Slowakei) tätig. In der Gruppe werden 360 Arbeitnehmer beschäftigt, davon 320 Mitarbeiter in den deutschen Produktionsstätten. Das ausländische Tochterunternehmen in der Slowakei ist von der Insolvenz nicht betroffen, teilte der vorläufige Insolvenzverwalter mit. Die Löhne und Gehälter der in Deutschland tätigen Mitarbeiter sind für die Monate Januar bis März durch das Insolvenzgeld gesichert. Die Kunden der Unternehmensgruppe, unter anderem namhafte Automobilhersteller und –zulieferer, haben gegenüber Joachim Exner ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, die Restrukturierung der Jacob-Gruppe zu begleiten. "Es kommt jetzt darauf an, alle Sanierungsmöglichkeiten, die die Insolvenzordnungen bietet, zu nutzen, um die Basis für den Erhalt der insolventen Gesellschaften und der Arbeitsplätze zu schaffen", erklärte Exner. Ein Gespräch habe er auch mit der Hausbank geführt, um die Finanzierung abzusichern.
Christoph Kappler, seit etwas über einem Jahr Geschäftsführer der Firma Jacob Plastics GmbH, zeigte sich in einer Pressemitteilung "zuversichtlich, dass die Krise überwunden werden kann und die Unternehmen der Jacob-Gruppe wieder in ruhiges Fahrwasser gelangt." Die Mitarbeiter seien sehr motiviert: "Nach dem Überbringen der traurigen Nachricht am Montag gingen alle wieder an ihren Arbeitsplatz." Er und der Insolvenzverwalter arbeiteten sehr gut zusammen mit dem Ziel, das Unternehmen fortzuführen: " Die Kundschaft ist da und die Technologie ist da."
Wilhelmsdorfs Bürgermeister Werner Friedrich hat nach eigenem Bekunden aus persönlichen Gesprächen bereits Hinweise entnommen, dass sich die Gesellschafter schon längere Zeit Sorgen über die Entwicklung des Unternehmens machten. Verschiedene Aktionen hätten zu hohen Verbindlichkeiten geführt. "Die Gesellschafter mussten sich von fremdem Ballast trennen. Das haben sie getan." Deshalb sei er, Friedrich, optimistisch, dass in Wilhelmsdorf keine größeren Entlassungen erforderlich würden. "Die Produkte sind gut, die Entwicklung ist gut."