25.09.2024
waz.de
von Philipp Nieländer
Velbert. Das Unternehmen an der Siebeneicker Straße in Neviges ist insolvent. So ist die Stimmung nach der Betriebsversammlung – und was Hoffnung macht.
Seit Freitag ist es für die Velberter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WKW AG Gewissheit: Ihr Arbeitgeber ist pleite. Beim Amtsgericht Wuppertal wurde – wie auch für die Wuppertaler Walter Klein GmbH & Co. KG (nicht aber für die Erbslöh Aluminium GmbH) – Insolvenz angemeldet. Die Beschäftigten mussten jedoch bis zum gestrigen Dienstagnachmittag warten, bis es im Rahmen einer Betriebsversammlung nähere Informationen zur aktuellen Situation und möglichen Zukunft gab: Der vorläufige Insolvenzverwalter Joachim Exner – ein Nürnberger Rechtsanwalt – stellte sich den Fragen.
„Die Betriebsversammlung lief geordnet ab“, sagte Hakan Civelek, Geschäftsführer der IG Metall in Velbert und nun auch Mitglied des Gläubigerausschusses, auf Anfrage der WAZ, die selbst nicht an der Versammlung teilnehmen konnte und somit auf die Schilderungen Dritter angewiesen ist.
Viele Mitarbeiter in Neviges sind sauer auf aktuellen Vorstand
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien sehr enttäuscht und wütend, berichtet Civelek. Der Zorn richte sich dabei häufig gegen den bisherigen Vorstand um Dr. Wolfang Braun, der 2023 als Vorstandsvorsitzender die Nachfolge von Guido Grandi angetreten hatte. „Es kam immer wieder der Vorwurf, dass der Vorstand der Belegschaft das Blaue vom Himmel versprochen habe“, berichtet der Gewerkschafter von seinen Eindrücken und vielen Gesprächen.
Mitarbeiter setzen Hoffnung in den erfahrenen Insolvenzverwalter
Es sei aber auch Hoffnung zu spüren, so Civelek: Hoffnung, dass der Insolvenzverwalter Exner, der als profunder Kenner der Automotive-Branche mit guten Kontakten gilt, den weg in eine bessere Zukunft ebnen kann, dass es am Standort Neviges weitergeht.
Der IG-Metall-Chef ist sich sicher, dass sich gleich mehrere potenzielle Investoren melden werden: „Dabei wird ein entscheidender Punkt sein, welche Pläne die einzelnen Interessenten mit dem Unternehmen haben, was die Belegschaft vor Ort davon hätte.“ Die Kunden würden jedenfalls hinter der WKW-Group stehen, sagt Civelek, sie hätten längst Bereitschaft signalisiert, das Unternehmen retten zu wollen. Nun gelte es, zusammenzuhalten und an einem Strang zu ziehen.
Immer wieder Unmut unter den WKW-Mitarbeitern
In der jüngeren Vergangenheit hatte es am Standort Siebeneicker Straße immer wieder Unmut in der Mitarbeiterschaft gegeben. Ende 2022 beispielsweise war die Stimmung unter den Beschäftigten im Keller. „Die Kollegen sind aufgebracht", sagte Civelek damals gegenüber der WAZ. Hintergrund: der zwischen Gewerkschaft und Unternehmen geschlossene Transformationsvertrag, der vorsah, dass die Arbeitnehmer auf einen Teil
des Weihnachts- und Urlaubsgeldes verzichten sollten und Gehaltserhöhungen auf 0,5 Prozent begrenzt wurden. Mit dem dadurch zur Verfügung stehenden Geld sollten Investitionen in das Nevigeser Werk
Diskussionen über mögliche Verlagerung der Produktion
2023 dann der nächste große Stress: Vorstandschef Dr. Wolfgang Braun soll kurz nach seinem Amtsantritt sowohl gegenüber den Betriebsräten als auch gegenüber Civelek über eine Verlagerung der Produktion - oder zumindest Teilen davon - ins Ausland gesprochen haben. Das Unternehmen dementierte entsprechende Aussagen zwar, in der Belegschaft brodelte es dennoch. „Da fühlt man sich schon hinters Licht geführt", fand Spiridon Grammozis, Tarifkommissionsmitglied und stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, klare Worte.
Was ist die Vereinbarung aus dem letzten Jahr nun noch wert?
Einige Monate und viele Verhandlungstage später dann Aufatmen: Es wurde eine Beschäftigungssicherung bis Ende Juni 2027 vereinbart, dazu eine Inflationsausgleichsprämie und kleinere Lohnsteigerungen. Was das Verhandlungsergebnis nach der Insolvenz noch wert ist, muss sich nun zeigen.