21.09.2024
wiwo.de
von Hielscher, Henryk
Autos von VW und BMW rollen oft mit Zierleisten von WKW Automotive vom Band. Doch der Zulieferer steckt in der Krise und hat nun Insolvenz angemeldet.
Die Rettung schien nahe. Ende Juni hieß es in Presseberichten, die Gesellschafter des Autozulieferers WKW Automotive hätten sich mit einem US-Investor über die Bedingungen einer Übernahme für den angeschlagenen Konzern geeinigt. Doch inzwischen ist klar: Der Deal ist – zumindest vorerst – geplatzt und die Lage für WKW inzwischen kritischer denn je. Nach Informationen der WirtschaftsWoche haben die Walter Klein GmbH & Co. KG sowie die WKW Aktiengesellschaft am Freitag Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht Wuppertal setzte Joachim Exner von der Kanzlei Dr. Beck & Partner als vorläufigen Insolvenzverwalter ein.
Exner war bereits bei zahlreichen Zuliefererinsolvenzen im Einsatz und genießt viel Vertrauen bei Autoherstellern wie Volkswagen. Zu Exners bekanntesten Fällen zählen die Insolvenzen des Auto-Innenraumspezialisten Dr. Schneider und des Anlagenbauers Eisenmann, zu dessen Kerngeschäft der Bau von Autolackieranlagen gehörte. Bei WKW dürfte Exner nun zunächst die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds für die Mitarbeiter organisieren und versuchen, das Geschäft zu stabilisieren. Entscheidend ist dabei, ob die großen Kunden zu Zugeständnissen bereit sind. Rasch wird Exner wohl auch die Suche nach einem Investor angehen.
Weltweit beschäftigt der Autozulieferer nach eigenen Angaben rund 3800 Mitarbeiter, den Großteil an den Standorten Velbert und Wuppertal. Die Walter Klein GmbH & Co. KG erzielte 2022 einen Jahresumsatz von 591 Millionen Euro. Fahrzeuge von Mercedes, Volkswagen und BMW rollen oft mit Zierleisten von WKW vom Band. Der Automobilzulieferer produziert aber auch Funktionsbauteile, Dachrelingsysteme, Wärmetauschrohre für Pkw-Klimaanlagen sowie Aluminiumprofile für Industrieanwendungen.
WKW steckt seit Jahren in der Krise. Schon 2022 warnte der damalige Vorstandschef Guido Grandi vor einer Insolvenz. Nach hohen Investitionen hatten die Wuppertaler ihre Reserven aufgebraucht. Als wegen des Chipmangels Automobilhersteller dann ihre Bestellungen nicht abriefen und zugleich die Kosten stiegen, weil Frachtraten, Energie- und Rohstoffpreise anzogen, geriet das Unternehmen unter Druck.
Nach Grandis Hilferuf entspannte sich die Situation zunächst etwas. Banken, Kreditversicherer und die Kunden aus der Automobilindustrie waren zu Zugeständnissen bereit. Das Land Nordrhein-Westfalen sprang mit einer Bürgschaft ein. Für die Zeit der Sanierung sollte zudem der Rechtsanwalt und Wellensiek-Partner Alfred Hagebusch als Treuhänder die WKW-Anteile übernehmen. „Nach den letzten Monaten, die von für die gesamte Organisation kräftezehrenden Verhandlungen geprägt waren, geht es nun darum, das Restrukturierungsprogramm umzusetzen und mit vereinten Kräften den Turnaround zu schaffen“, hieß es damals in einer Mitteilung des Unternehmens.
Doch die Sanierung verlief schleppender als erhofft. „Die Erreichung der Meilensteine der geplanten Restrukturierung, die Umsetzung der umfangreichen Maßnahmen im Sanierungsprozess sowie insgesamt die Einhaltung der finanziellen Ziele“ stelle für die Gruppe „insgesamt eine sehr große Herausforderung dar“, heißt es im jüngsten Geschäftsbericht der WKW Aktiengesellschaft.
Die schwächelnde Autokonjunktur dürfte die Lage noch verschärft haben. So ist der Absatz von neuen Autos im August im Vergleich zum Vorjahresmonat eingebrochen. Das liegt vor allem an der zuletzt schwachen Nachfrage nach reinen Elektroautos, wie aus Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hervorgeht. Aber auch bei fast allen weiteren Antriebsarten gingen die Zahlen teils deutlich zurück. Mit Sorge schaut die Branche gerade auch auf den Volkswagen Konzern, bei dem Werksschließungen und Entlassungen drohen.