23.01.2023 | PDF
Dr. Beck - Presseabteilung
Ingolstadt, 20.01.2023. Die Einrichtungen und Betreuungsbereiche des Hollerhauses in Ingolstadt und Münchsmünster werden Teil des großen Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF). Der neue Träger übernimmt die gesamte Belegschaft und baut mit den modernen Einrichtungen seine bundesweite Betreuungspräsenz aus.
Am 19.01.2023 haben der Insolvenzverwalter des Hollerhaus (Verein für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e. V.), Rechtsanwalt Dr. Hubert Ampferl und der Vorstandsvorsitzende der EJF gemeinnützigen AG, Herr Dr. Andreas Eckhoff, die notariellen Übertragungsverträge unterzeichnet. Dem ging eine monatelange akribische Vorbereitung voraus, in der die Voraussetzungen für die komplexe Übertragung der verschiedenen Bereiche geschaffen wurden. „Es ist uns wichtig, diesen Beitrag zu leisten für die bestmögliche Versorgung der Klientinnen und Klienten des Hollerhauses. Es gilt jetzt, den Menschen Sicherheit zu geben", erklärt Dr. Andreas Eckhoff, Vorstand der EJF gemeinnützigen AG. „Wir freuen uns auf die Übernahme der Trägerschaft der Einrichtungen in Oberbayern mit ihren hoch qualifizierten und sehr erfahrenen Fachkräften. Gemeinsam werden wir unsere höchsten Ansprüche an die Qualität der Versorgung der Menschen mit Behinderung sichern und weiterentwickeln."
Rückblick: Wegen coronabedingter Einschränkungen beim Aufbau einer neuen Förderstätte in Münchsmünster und den damit verbundenen finanziellen Belastungen geriet das Hollerhaus – nach einer erfolgreichen jahrelangen Aufbauarbeit – Ende 2021 in wirtschaftliche Schieflage. Mit der rechtzeitigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens eröffneten sich für den Verein neue Sanierungsoptionen. Das Amtsgericht Ingolstadt setzte Rechtsanwalt Dr. Hubert Ampferl als Insolvenzverwalter ein, der bereits in der Vergangenheit diverse Behinderten- und Betreuungseinrichtungen durch Krisensituationen führte.
Sowohl der Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt, Herr Dr. Christian Scharpf, als auch der 1. Bürgermeister der Gemeinde Münchsmünster, Herr Andreas Meyer, haben sich - neben ihrer Funktion als Mitglieder im Gläubigerausschuss – auch selbst „ab der ersten Stunde“ aktiv eingebracht. Es ist den beiden Bürgermeistern zu verdanken, dass sowohl auf der Ebene der Politik als auch bei allen Entscheidungsträgern ein Bewusstsein für die Bedeutung der Hollerhaus-Einrichtungen geschaffen werden konnte. Daneben haben beide Herren auch ganz pragmatisch die Fortführung der Einrichtungen unterstützt und Weichenstellungen im Investorenprozess getroffen.
Da eine Einrichtung dieser Größenordnung mit über 410 Mitarbeitern (inkl. der Tochtergesellschaften) einem mittelständischen Betrieb entspricht, mussten alle betrieblichen Bereiche (Finanzierung, Leistungsabrechnung, Personal) professionell organisiert werden: Die Sparkasse Ingolstadt Eichstätt als größter Finanzierer der Einrichtungen hat bereits zu Beginn des Verfahrens dafür Sorge getragen, dass die zur Fortführung notwendige Liquidität bereitgestellt wurde. Darüber hinaus hat die Sparkasse Ingolstadt Eichstätt bei der Erarbeitung von Finanzierungskonzepten mitgewirkt und mit anderen, öffentlichen Finanzieren abgestimmt, um damit die Grundlage für eine Sanierungslösung zu schaffen. “Wir als Sparkasse Ingolstadt Eichstätt freuen uns, das Hollerhaus als wichtige soziale Einrichtung in unserer Region unterstützen zu können und damit die Versorgung und Betreuung der Klienten für die Zukunft erfolgreich zu gestalten. Mit dem EJF und Herrn Dr. Eckhoff konnte die Region einen Partner gewinnen, der um die soziale Verantwortung bei der Betreuung der Klienten des Hollerhauses weiß und sich auch in Zukunft regional betätigen wird“, erläutert Herr Gassner von der Sparkasse Ingolstadt Eichstätt.
Die Einnahmen des Hollerhaus werden im Wesentlichen vom Bezirk Oberbayern geleistet. Dieser hielt die Leistungsstrukturen aufrecht, sodass während der gesamten Fortführungsphase im Insolvenzverfahren die Betreuungsleistungen angemessen vergütet wurden. Die Vergütungsbasis eröffnete letztendlich den zeitlichen Spielraum für eine strukturierte Investorensuche. Dazu der für Oberbayern verantwortliche Bezirkstagspräsident Josef Mederer: „Wir haben unter anderem im Gläubigerausschuss dafür gekämpft, dass der Betrieb im Hollerhaus ohne Unterbrechung weitergehen kann und haben uns intensiv an der Suche nach einem neuen Träger beteiligt. Jetzt sind wir sehr erleichtert, dass wir im Insolvenzverfahren mit dem EJF einen hochkompetenten und erfahrenen Träger gefunden haben. Denn die Leistungsangebote des Hollerhauses für Menschen mit Behinderungen sind in Ingolstadt unverzichtbar. Das Hollerhaus ist für die betreuten Menschen Heimat.“ Gleichzeitig erfordere aber die Lage einen „sehr starken und leistungsfähigen Träger, der die Einrichtung gut für die Zukunft aufstellt“, so Mederer.
„Das Bestehen eines Betriebsrates war für die zuverlässige Fortführung der Betreuungsleistungen ein wichtiger Baustein“, so Insolvenzverwalter Ampferl. Der Betriebsratsvorsitzende, Herr Lob-Kunz und die weiteren Betriebsratsmitglieder – die mit Herrn Felix Schuster auch im Gläubigerausschuss vertreten sind – haben ihre Kollegen laufend informiert, unterstützt und immer wieder erklärt, wo man im Verfahren stehe. Zur Belegschaft erklärt der Insolvenzverwalter: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hollerhaus erbringen rund um die Uhr mit Empathie und Geduld einen unverzichtbaren Dienst an den ihnen anvertrauten Menschen. Wenn man sieht, was dort geleistet wird, kann man auch die nötige Wertschätzung für diese Leistung aufbringen.“
Auch Herr Claus Gelhorn, der als langjähriger Vereinsvorstand Vordenker, Lenker und Mitgestalter des Hollerhauses war, hat an maßgeblicher Stelle die Fortführung der Einrichtungen in allen Bereichen tatkräftig unterstützt.
Verein für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e. V.: Der 1970 gegründete Verein ist Träger mehrerer inklusiver Wohn- und Förderstätten, darunter das Hollerhaus in Ingolstadt und der Hollerhof in Münchsmünster. Der Verein unterstützt Menschen mit kognitiven und körperlichen Einschränkungen sowie mit Schädelhirnverletzungen dabei, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen.
Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk: Das EJF ist ein christlich geprägtes gemeinnütziges Unternehmen der Sozialwirtschaft, welches ambulante und stationäre Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen, für wohnungslose und geflüchtete Menschen ebenso wie für Seniorinnen und Senioren betreibt. Das 1894 gegründete Unternehmen ist in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bayern, Niedersachsen und NRW sowie in Polen und Tschechien tätig. Die Übernahme der Einrichtungen erfolgt über die neugegründete Tochtergesellschaft EJF Hollerhaus gGmbH.
Rechtsanwalt Dr. Hubert Ampferl
Eichendorffstraße 1, 90491 Nürnberg
Tel.: 0911/951285-0 | Fax: 0911/951285-10 | E-Mail: advo@ra-dr-beck.de
Dr. Hubert Ampferl, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Diplom-Betriebswirt (FH) ist Partner der Kanzlei Dr. Beck & Partner GbR. Er ist in ganz Bayern als Insolvenzverwalter tätig und hat sich in dieser Funktion auf die Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen spezialisiert.