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Regent will das Zepter nicht abgeben

18.02.2015

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Trotz Insolvenz hofft die Weißenburger Maßschneiderei auf einen Neuanfang

Von Judith Horn

Sakko, Frack und Smoking: Seit fast siebzig Jahren ist die Weißenburger Schneiderei-Manufaktur Regent die erste Adresse, wenn es um feinen Zwirn und edle Anzüge geht. Nun ist das fränkische Traditionsunternehmen insolvent. Dennoch besteht Hoffnung für die Zukunft, sagt die vorläufige Insolvenzverwalterin.

Weissenburg – Die Liste der prominenten Kunden, die sich ihre Maßanzüge von der Firma Regent auf den Leib schneidern ließen, ist lang: Schauspieler Richard Gere und 007-Darsteller Roger Morre, aber auch Politiker wie Michail Gorbatschow oder Altkanzler Helmut Schmidt nahmen die Dienste der mittelfränkischen Schneiderei-Manufaktur in Anspruch. Sogar der Frack, den Hollands König Willem-Alexander bei seiner Krönung trug, wurde in Weißenburg gefertigt.

Allerdings wussten die Mitarbeiter erst gar nicht, für wen sie da gearbeitet hatten. Doch zwei Wochen vor dem großen Tag versengt ein Diener beim Aufbügeln beim Aufbügeln des Fracks das Revers – und die Regent-Mitarbeiter mussten eiligst ein neues einsetzen. Diese guten Zeiten sind nun vorbei: Seit vergangener Woche läuft das Insolvenzverfahren, die Schneiderei Regent ist zahlungsunfähig.

Mitarbeiter warten noch auf Dezember-Lohn

Als vorläufige Insolvenzverwalterin wurde die Nürnberger Anwältin Mechthild Bruche bestellt. „Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind bis Ende März gesichert, es wird weiter produziert und die laufenden Aufträge abgearbeitet“, sagt Bruche. Die Kunden wissen Bescheid. Aktuell wird die neue Frühjahrs- und Sommerkollektion geschneidert. Bruche prüft nun die Zahlen und sucht nach Investoren für den Geschäftsbetrieb. Die Chancen für das Unternehmen stehen gut, ist sie sich sicher. „Der Name Regent ist immer noch sehr wertvoll.“ Denn die Maßschneiderei, die 1946 von zwei jüdischen Flüchtlingen gegründet wurde, blicke nicht nur auf eine sehr lange Tradition zurück. Sie stehe zudem – auch im Ausland – für exklusive Maßanzüge und hohe Qualität. „Und es ist heute in der Textilbranche etwas sehr besonderes, wenn ein Unternehmen in Deutschland fertigt“, sagt Insolvenzverwalterin Bruche. Das Kapital „Made in Germany“ müsse nun bei der Investorensuche in den Vordergrund gerückt werden. „Der Markt für diese hochpreisigen Produkte ist auf jeden Fall da.“

Das hoffen auch die 47 Mitarbeiter am Regent-Standort in Weißenburg. Überrascht waren sie von der Insolvenz nicht, denn Löhne und Gehälter sind schon länger nicht mehr pünktlich gezahlt worden. Teile des Dezember-Lohns sowie der komplette Januar stehen noch aus. Den Insolvenzantrag stellte schließlich die AOK, nachdem Regent die Mitarbeiter-Beiträge nicht vollständig überwiesen hatte.

Dass sich das Unternehmen in einer prekären Lage befinde, sei schon länger bekannt, heißt es aus dem Umfeld der Maßschneiderei. 2001 wurde Regent von dem italienischen Herrenmodehersteller Tombolini übernommen. Zu Spitzenzeiten erwirtschafteten die Weißenburger rund Elf Millionen Euro und beschäftigten 500 Mitarbeiter. Doch in den letzten Jahren machte die Firma immer wieder Negativschlagzeilen, weil die Mitarbeiter wegen ausstehender Gehaltszahlungen ihren eigenen Betrieb verklagten. Image und Außenwirkung der Traditionsmarke scheinen den italienischen Eigentümern nicht wichtig zu sein, heißt es aus gut informierten Kreisen. Und kein Kunde sei bereit, viel Geld für Produkte zu zahlen, die ihren hohen Preis – etwa durch Nachhaltigkeit gegenüber der Umwelt und fairer Bezahlung der Mitarbeiter – nicht legitimieren könnten.

Über die Gründe für den Niedergang der Weißenburger Manufaktur möchte Mechtild Bruche während des laufenden Verfahrens nicht spekulieren. Die Anwältin hat aber den Eindruck, dass falsche Marketingstrategien in der Vergangenheit dazu beigetragen haben. „Der Markt in diesem Segment hat sich stark verändert, ist schnelllebiger geworden. Darauf muss man adäquat reagieren und immer am Puls der Zeit bleiben, was in diesem Nischenbereich nicht einfach ist.“

Die Belegschaft in Weißenburg sorge sich natürlich im ihre Arbeitsplätze, doch sie wolle die Chance nutzen, um in ein positives Fahrwasser zu kommen, sagt Bruche. Mit einem neuen Investor könne auch das zukunftsnah geschehen, denn die Manufaktur und die Mitarbeiter verfügten über viel Know-how. Auch Franz Spieß, zweiter Bevollmächtigter der IG-Metall Schwabach, ist überzeugt, dass Regent mit einer vernünftigen und gut geordneten Insolvenz eine Zukunft hat. „Wir brauchen nun einen Investor, der langfristig denkt. Dann schafft es Regent nicht nur aus der Zahlungsunfähigkeit, sondern hat auch die besten Chancen, über einen längeren Zeitraum eine gute Entwicklung zu nehmen.“

Der neue Investor muss sich nun auf die handwerklichen Fähigkeiten der Mitarbeiter besinnen und die Marke Regent wieder aufbauen, sagt Spieß. Die Anzüge der Weißenburger stehen für Seriosität, nicht für Glamour. Und deshalb kleide das hochwertige moderne Regent-Sakko eher den Firmenchef als den ausgetickten Filmschauspieler. „Paul Newmann würde passen, Lady Gaga eher nicht.“ Das müsse auch dem zukünftigen Eigentümer klar sein.