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Spinnerei Neuhof GmbH & Co. KG aus der Insolvenz heraus durchgestartet.

05.04.2011
Frankenpost

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Neustart nach der Insolvenz

Unter dem neuen Namen *Die Spinnerei Neuhof GmbH & Co. KG* ist das Hofer Traditionsunternehmen am 1. November aus der Insolvenz heraus durchgestartet.

Hof - Ein gutes Jahr nach der aufsehenerregenden Pleite schreibt die Spinnerei Neuhof wieder schwarze Zahlen. "Dieses Unternehmen hat absolut eine Daseins- und eine Zukunftsberechtigung", betont Werner Kandel, der neue Chef. Er steht damit für eine neue Ausrichtung.

Der Vorstand der früheren Eigentümer-Holding, Dieter Laubmann, hatte im Februar 2010 noch gesagt, die vor 115 Jahren gegründete Spinnerei habe "längst ihre Überlebensberechtigung eingebüßt". Wie berichtet, hatte die Weigerung der Holding, mit einer Ausfallbürgschaft neue Kredite abzusichern, seinerzeit zur Zahlungsunfähigkeit des Traditionsunternehmens geführt.

Für frisches Geld hat der neue Eigentümer, eine Investorengruppe aus Nordrhein-Westfalen, gesorgt. 187 der 227 Arbeitsplätze wurden gerettet. "Das Geschäft läuft stabil", sagt Kandel. "Jetzt können wir uns mit der Zukunft beschäftigen." Ausdrücklich lobt der neue Chef die gute Arbeit von Insolvenzverwalter Joachim Exner: "Unseren guten Start haben wir auch seiner Vorarbeit zu verdanken. Wir haben einen funktionsfähigen Betrieb übernommen, der unter Insolvenzbedingungen verlustfrei arbeitete."

Auftragsbücher gut gefüllt

Momentan seien die Auftragsbücher gut gefüllt, die Kapazitäten weitgehend ausgelastet. "Ich war immer überzeugt, dass unser Engagement hier Sinn macht", sagt Kandel. "Wir erleben einen neuen Aufbruch." Einen wesentlichen Beitrag dazu leiste die hoch motivierte Belegschaft, die schon bei der drohenden Insolvenz deutlich Flagge gezeigt und sich der schwierigen Situation mit Kampfesmut gestellt habe. "Heute haben Beschäftigte und Unternehmensleitung wieder die gleichen Interessen und sind gewillt, gemeinsam weiterzumachen."

Ein weiterer Arbeitsplatz-Abbau sei nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Die Spinnerei Neuhof will bald wieder junge Leute ausbilden. "Wir müssen klar zeigen, dass diese Branche Zukunft hat", sagt der Geschäftsführer. Technologieinteressierter Nachwuchs steht auf der Wunschliste, etwa als Anlagenführer, als Mechaniker, als Schlosser oder Elektriker, aber auch im kaufmännischen Bereich. "Wir wollen uns verjüngen", sagt Werner Kandel; die Spinnerei Neuhof plant, sechs Lehrstellen auszuschreiben. Bei einem großen Sommerfest will die Spinnerei demonstrieren, dass es dem Unternehmen wieder gut geht und dass es zukunftssichere Arbeitsplätze bietet.

"Wir haben eine Fabrik, die äußerlich zwar alt wirkt, die in ihrem Innern aber geistig total jung ist", freut sich der neue Chef. Seine Strategie setzt auf die kundenbezogene Neuentwicklung von Produkten. "Wir gehen nicht mehr mit einem starren Musterbuch zu unseren Kunden. Wir gehen mit einem leeren Zettel los und notieren, was genau der Markt haben will. In Zukunft wollen wir nicht mehr nur Garne und Zwirne verkaufen, sondern Ideen und Lösungen."

Alles außer Kleidung

Gestützt auf gewachsenes Know-how und eine erfahrene Belegschaft will Werner Kandel auf dem deutschen und europäischen Markt Garne und Zwirne für Funktionstextilien anbieten, die qualitativ ihresgleichen suchen. Für die Anwendungen macht er nur eine Einschränkung: "Alles außer Kleidung. Ansonsten wollen wir für alle technischen Anwendungen liefern, für Filtrationsstoffe ebenso wie für Schlauch-Ummantelungen, für Antriebsriemen genauso wie für Outdoor-Möbelstoffe." Bei wetter- und lichtechten Garnen für Gewebe, aus denen Markisen oder Gartenmöbelbezüge entstehen, sei die Spinnerei Neuhof bereits jetzt im Wettbewerb mit führend. Der Markt verlange nach "kreativem Engineering", und genau das wollten die Hofer bieten, sagt Kandel: "Wir wollen in der Produktionskette weiter nach vorne schauen und die Wünsche unserer Kunden vorausahnen." Aus diesem Mitdenken bei der textilen Produktentwicklung sollen überzeugende Lösungen entstehen, mit denen der Kunde dann am Markt erfolgreich sein kann. "Unsere Hauptstoßrichtung ist dabei nicht Mengenwachstum, sondern qualitatives Wachstum", betont Kandel.

Die Kunden schätzten gleichbleibend hohes Niveau und langfristige Verlässlichkeit, deshalb seien der Spinnerei auch während der Insolvenzphase praktisch alle Geschäftspartner treu geblieben. In diesem Kreis überzeugter Kunden habe auch die Investorengruppe ihren Kern, die das Hofer Traditionsunternehmen übernahm. "Wir hatten ein vitales Interesse an der Weiterführung des Betriebes. Uns ging es immer um Erträge und deshalb auch stets um einen langfristigen Erfolg." Trotz der Ereignisse in Japan ist sich Werner Kandel bereits jetzt sicher: "Uns schmeißt die nächste Krise nicht gleich wieder um."

Eine Achterbahnfahrt

Friedrich Geißner, der Spinnerei-Geschäftsführer vor Ort, freut sich über die hoffnungsvolle Perspektive: "Das war eine Achterbahnfahrt mit sehr gutem Ende", sagt er. Die positiven Ergebnisse, die die Spinnerei Neuhof nun wieder erwirtschafte, würden direkt im Unternehmen reinvestiert. "Das", sagt er, ebenfalls mit einem Blick zurück auf vergangene Jahre, "hat früher oft anders ausgesehen."

Der neue Chef

Der 60-jährige Textilunternehmer Werner Kandel hat "schon als Kind in der Fabrik gespielt". Sein Vater war in leitender Stellung in einer Spinnerei und Weberei beschäftigt. Kandel erlernte zunächst den Beruf des Textilmaschinenführers, schob dann das Ingenieurstudium nach. "Das Kaufmännische hat sich dann später so ergeben", sagt der Prokurist des renommierten Industriegewebe-Herstellers C. Cramer & Co. im westfälischen Heek, der für eine westdeutsche Investorengruppe die Geschäftsführung der Spinnerei Neuhof übernommen hat. Kandel sieht sich als Allrounder, der Technik und Zahlen gleichermaßen im Blick behält. In seiner Freizeit restauriert der Ehemann und Vater zweier Kinder zu Hause im münsterländischen Ahaus Oldtimer. "Ich schätze, ich bin schon mit einem Schraubenzieher in der Hand auf die Welt gekommen", scherzt er.